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Klimawandel-Landnutzung

Klimawandel

Landnutzung ändern, Klima schützen

Aufforsten, anders anbauen: Die Landnutzung spielt beim Kampf gegen den Klimawandel eine entscheidende Rolle. LMU-Geographin Julia Pongratz untersucht ihre Effekte auf den Kohlenstoffkreislauf.

Es ist der Beginn einer neuen Etappe beim Klimawandel

Bislang galt: Wenn die Menschen weiter so viel Kohlenstoffdioxid (CO2) emittieren, wie sie dies aktuell tun, bleiben noch so und so viele Jahre, bis sich das Ziel nicht mehr halten lässt, die Erderwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen.

Damit ist es nun vorbei. „Wir haben keinen Puffer mehr. Wir haben unser Emissionsbudget quasi schon verbraucht“, sagt Professorin Julia Pongratz, Inhaberin des Lehrstuhls für Physische Geographie und Landnutzungssysteme an der LMU.

Globaler Temperaturanstieg seit dem Jahr 1850 bis heute

Quelle: 6. Sachstandsbericht des Weltklimarates August 2021, Arbeitsgruppe 1 (Summary for Policymakers)

Zu viel CO2

41 Gt

CO2-Emissionen pro Jahr (global)

Aktuelle CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit dem vorindustriellen Zeitalter: >50%

Die Menschheit verursacht inzwischen einen CO2-Ausstoß von rund 41 Gigatonnen pro Jahr. Dadurch ist die CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit dem vorindustriellen Zeitalter um mehr als 50 Prozent gestiegen, mit der Folge, dass sich die Erde zunehmend erwärmt, um inzwischen 1,2 Grad seit Mitte des 19. Jahrhunderts.

Zwar hat sich die internationale Staatengemeinschaft im Jahr 2015 darauf geeinigt, den weltweiten Temperaturanstieg zu begrenzen, aber die Zeit läuft davon. „Das ist tragisch“, sagt Julia Pongratz. „Es reicht nicht mehr, auf die Reduktion des CO2-Ausstoßes zu drängen. Das hat nicht hinreichend schnell den Durchbruch gebracht.“ Darum kommt eine weitere Botschaft hinzu, neben der, weiter drastisch die CO2-Emissionen zu senken: „Wir müssen uns auch auf die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre konzentrieren.“ Die Landnutzung spielt bei beidem eine entscheidende Rolle.

25%

macht der Anteil der Landnutzung an den Treibhausemissionen aus

Was trägt Landnutzung dazu bei?

Die fossilen Emissionen sind seit Mitte des 20. Jahrhunderts das größere Problem in Bezug auf den Klimawandel, aber auch die Landnutzung hat einen substanziellen Anteil an den Treibhausgasemissionen. Bei CO2 sind das ungefähr 15 Prozent. Wenn man alle Treibhausgase einbezieht, also auch Methan und Lachgas, die durch Viehzucht und Düngung entstehen, liegt der Anteil bei etwa 25 Prozent.

Anstieg der CO2-Emissionen

Geschichtliche Entwicklung: 1850 bis heute

Bereits vor der Industrialisierung beeinflusst der Mensch die Treibhausgaskonzentration der Atmosphäre: Als die Menschen sesshaft wurden und Landwirtschaft betrieben, griffen sie in den natürlichen Kohlenstoffkreislauf ein. Mit der Industrialisierung steigen die CO2-Emissionen drastisch an.

Die Grafik veranschaulicht den Anstieg der CO2-Emissionen seit Beginn der Industrialisierung.

Quelle: Friedlingstein et al.: Global Carbon Budget 2021, Earth Syst. Sci. Data, 2021.

https://doi.org/10.5194/essd-2021-386; globalcarbonatlas.org (Carbon Story)

Prof. Dr. Julia Pongratz

Inhaberin des Lehrstuhls für Physische Geographie und Landnutzungssysteme an der LMU forscht darüber, wie sich die weltweiten Emissionen aus der Land- und Forstwirtschaft bestmöglich abschätzen lassen und wo Potenziale liegen, der Atmosphäre wieder CO2 zu entziehen.

„Die fossilen Emissionen sind seit Mitte des 20. Jahrhunderts das größere Problem in Bezug auf den Klimawandel, das ist ganz klar. Aber auch die Landnutzung hat einen substanziellen Anteil an den Treibhausgasemissionen.“

Interview

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Die Rolle der Landnutzung

Eigentlich ist die Rechnung einfach:

Wie sehr fossile CO2-Emissionen die Atmosphäre belasten, lässt sich gut erfassen. Daher kann die Klimaforschung der Politik recht konkrete Zahlen nennen, wie viel weniger CO2 ausgestoßen werden müsste, um den Temperaturanstieg auf ein bestimmtes Niveau zu begrenzen.

Sie kann auch berechnen, dass die bisherigen Bemühungen um Reduktion noch lange nicht ausreichend sind.

Die Rolle der Landnutzung bei der Bekämpfung des Klimawandels wird wichtiger. Doch da beginnt die Rechnung komplex zu werden. Denn Landnutzung kann Treibhausgase emittieren – oder sie der Atmosphäre entziehen.

Emissionen, die der Landnutzung zugeordnet werden, entstehen zum Beispiel bei Rodung von Wäldern, aber auch in der Landwirtschaft.

Um diese Emissionen zu berechnen, muss man genau wissen, wie viel Fläche der Erde wie und wo bewachsen ist, aber auch, wie sich die Vegetation weltweit laufend ändert und wie sich das auf den Kohlenstoffkreislauf auswirkt.

Vegetation bindet CO2

Die Landnutzung ist wichtig, um CO2 zu binden. So speichern Wälder enorme Mengen an Kohlenstoff und haben daher eine wichtige Funktion als natürliche Kohlenstoffsenken. Solche Senken kann man gezielt vergrößern, zum Beispiel durch Aufforsten.

„Das Wissen darüber, wie verschiedene Arten von Vegetation auf die Kohlenstoffbilanz wirken, ist also doppelt relevant geworden: in Bezug auf die Emissionen in die Atmosphäre, aber auch in Bezug auf das Potenzial, der Atmosphäre wieder CO2 zu entnehmen“, erklärt Julia Pongratz.

Gesunde Wälder binden enorme Mengen an CO<sub>2</sub>. Landnutzung verursacht Treibhausgase.

Wie Land und Ozean CO2 binden

So funktionieren natürliche Kohlenstoffsenken

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Wetter-Extreme nehmen zu

Immer mehr Menschen spüren bereits die Auswirkungen der Erderwärmung.

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Selbst in Deutschland, das nicht in einer der von Klimaveränderungen besonders stark betroffenen Regionen liegt, wurde mit dem Unwetter und den katastrophalen Überflutungen im Juli 2021 deutlich, welch katastrophale Folgen die Erderwärmung für die Menschen haben kann.

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Der im August veröffentlichte Bericht der Arbeitsgruppe 1 des Weltklimarats zeigt deutlich, dass der menschengemachte Klimawandel die Häufigkeit extremen Wetters erhöht.

Wälder unter Druck

In ihrer Forschung muss sich LMU-Wissenschaftlerin Julia Pongratz zunehmend auch damit beschäftigen, dass die Wälder, und damit wesentliche CO2-Senken, zunehmend unter einem „doppelten Druck“ stehen: durch die Folgen des Klimawandels und die Landnutzung durch den Menschen.

Der Klimawandel sorgt vermehrt für Dürren, die die natürliche Kapazität von Land und Ozean, CO2 aufzunehmen, beeinträchtigen. Das zeigt auch der jüngste Bericht des Weltklimarats: Unter Szenarien mit hohen Treibhausgasemissionen wird der Anteil der CO2-Emissionen, den Ozean und Vegetation und Böden an Land aufnehmen, deutlich kleiner. Das heißt: Mehr CO2 verbleibt in der Atmosphäre und die Erwärmung fällt noch stärker aus, als allein aufgrund der höheren Emissionen zu erwarten gewesen wäre.

Dazu kommt die Entwaldung durch den Menschen, also das Abholzen, um landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen, durch die weitere CO2-Emissionen entstehen. Sie stand bislang im Fokus. „Aber jetzt stellt man fest, dass Degradierung viel größere Flächen betrifft, der Wald als Wald zwar bestehen bleibt, aber sich in seiner Struktur verändert, zum Beispiel lichter wird, weil Feuer häufiger auftreten oder selektiv Holz eingeschlagen wird. Das führt wahrscheinlich zu mehr CO2-Verlust als die tatsächliche Entwaldung“, sagt Julia Pongratz über diesen bislang unterschätzten Prozess. Das gilt für die heimischen Wälder ebenso wie für die kohlenstoffdichten Regenwälder in Amerika, Asien und Afrika. Und es hat wiederum Auswirkungen darauf, wie viel CO2 die Wälder binden können. „Wir müssen viel mehr darauf achten, wie permanent natürliche Kohlenstoffsenken sind. Wenn wir uns anschauen, wie die Wälder leiden, auch hier vor unserer Haustür, wo es im letzten Jahrzehnt drei Dürrejahre gab, wird klar: Wir können uns auf diese Senkenkapazität nicht mehr verlassen.“

Sogar der riesige Amazonas-Regenwald ist einer jüngsten Studie zufolge bereits dabei, seine Funktion als natürliche Kohlenstoffsenke zu verlieren und mehr CO2 abzugeben als aufzunehmen. „2020 war das Jahr mit den größten Entwaldungsraten im Amazonas-Regenwald im letzten Jahrzehnt“, sagt Julia Pongratz. Der Trend in Südostasien sei ähnlich. „In beiden Regionen ist es stark auch der Export, der dazu führt, dass sich die landwirtschaftlichen Flächen ausdehnen, und das trifft fatalerweise die Regenwälder, die eine hohe Kohlenstoffdichte haben“, erklärt Julia Pongratz.

Das zeigt auch eine Schieflage bei der Zurechnung von CO2-Emissionen. Momentan wird der CO2-Ausstoß, den die Menschen in Deutschland und Europa durch ihren Konsum erzeugen, der aber anderswo auf der Welt, beispielsweise in Brasilien, durch den Anbau von Produkten wie Soja entsteht, den Produktionsländern zugeordnet. In einer Publikation im Fachmagazin Science, an der die Arbeitsgruppe von Julia Pongratz maßgeblich mitgewirkt hat, wurde aufgezeigt, dass allein 27 Prozent der Emissionen durch Landnutzung und Forstwirtschaft durch den globalen Handel nicht den Ländern zugerechnet wird, in denen die Produkte konsumiert werden. Dazu kommen noch die fossilen Emissionen. „Etwa 40 Prozent der in Deutschland durch unseren Konsum verursachten fossilen Emissionen entstehen in anderen Ländern“, sagt Julia Pongratz. Würden sie dem Konsum entsprechend zugerechnet, wäre der Beitrag zur globalen Erwärmung, der Deutschland zuzuschreiben ist, entsprechend größer. Dasselbe ergibt ein Blick in die Geschichte: „Die Hauptverantwortlichen für den Klimawandel sind die USA und Europa mit ihrer langen Industriegeschichte. Denn der Klimawandel hängt von kumulativen Emissionen ab.“

„Die Hauptverantwortlichen für den Klimawandel sind die USA und Europa mit ihrer langen Industriegeschichte. Denn der Klimawandel hängt von kumulativen Emissionen ab.“

CO2-Emissionen pro Person im Ländervergleich (in Tonnen CO2)

Die Weltkarte veranschaulicht die CO2-Emissionen umgerechnet auf den Pro-Kopf-Verbrauch für das Jahr 2019 in verschiedenen Ländern. (Länder, für die keine Angaben vorliegen, sind weiß gefärbt.)

Quelle: Global Carbon Projekt 2019 http://www.globalcarbonatlas.org/en/CO2-emissions

Updated von Peters et al. (2012) und Peters et al. (2011)

Peters, GP, Minx, JC, Weber, L, und Edenhofer, O. 2011. Growth in emission transfers via international trade from 1990 to 2008. Proceedings of the National

Academy of Sciences USA. DOI:10.1073/pnas.1006388108. Available at: http://www.pnas.org/content/108/21/8903

CO2-Emissionen pro Person nach Kontinent (in Tonnen CO2)

Die Grafik veranschaulicht die CO2-Emissionen umgerechnet auf den Pro-Kopf-Verbrauch für das Jahr 2019 in verschiedenen Kontinenten.

Quelle: Global Carbon Projekt 2019 http://www.globalcarbonatlas.org/en/CO2-emissions

Updated von Peters et al. (2012) und Peters et al. (2011)

Peters, GP, Minx, JC, Weber, L, und Edenhofer, O. 2011. Growth in emission transfers via international trade from 1990 to 2008. Proceedings of the National

Academy of Sciences USA. DOI:10.1073/pnas.1006388108. Available at: http://www.pnas.org/content/108/21/8903

Lernen

aus der Geschichte

Die Geographin Julia Pongratz blickt in ihrer Forschung zurück in die Geschichte, um die aktuellen und künftigen Emissionen aus der Landnutzung, aber auch deren Potenzial als Kohlenstoffspeicher „bestmöglich abzuschätzen“, wie sie sagt. Ihr Ziel ist es, aus der Historie Wissen darüber zu gewinnen, wie verschiedene Arten von Vegetation auf die Kohlenstoffbilanz wirken, welche Wechselwirkungen es gibt, und daraus Empfehlungen und Voraussagen für die Zukunft ableiten zu können. Sie arbeitet dafür mit geophysikalischen Modellen, in die auch aktuelle Beobachtungsdaten integriert werden. Diese Modelle enthalten so viele Gleichungen, dass es dafür der Kapazität sogenannter Hochleistungsrechner bedarf.

Neben etablierten Maßnahmen wie der Wiederaufforstung stehen im Fokus von Julia Pongratz‘ Forschung auch neue Technologien, die der Atmosphäre CO2 entziehen sollen und in die große Hoffnungen gesetzt werden, wie zum Beispiel die Speicherung von Kohlendioxid in Gestein. Doch alle Maßnahmen hätten auch Risiken und Nebeneffekte, so Pongratz. Vor allem fehle bislang „ein einheitliches Framework, in dem wir die möglichen Konflikte zwischen Biodiversität, Wasserqualität, Erholungsaspekten, ökonomischem Nutzen und vielem mehr gegeneinander abwägen können – und dies über alle möglichen Maßnahmen hinweg.“

In einem bundesweiten Forschungsprogramm, das Julia Pongratz koordiniert, wird ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen daher nicht nur untersuchen, mit welchen Maßnahmen sich Kohlendioxid aus der Atmosphäre entnehmen lässt, sondern auch wie sich diese gesellschaftlich umsetzen lassen.

„Bislang fehlt ein einheitliches Framework, in dem wir die möglichen Konflikte zwischen Biodiversität, Wasserqualität, Erholungsaspekten, ökonomischem Nutzen und vielem mehr gegeneinander abwägen können – und dies über alle möglichen Maßnahmen hinweg."

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Die Frage: „Was tun?“

Eines ist klar: Auf dem Weg zur Klimaneutralität spielt die Transformation der Landnutzung eine entscheidende Rolle. Dazu gehört, die Emissionen zu stoppen, die durch Entwaldung und Degradation entstehen, also die existierenden CO2-Senken zu schützen. Und in Zukunft durch Landnutzung der Atmosphäre CO2 zu entziehen.

Julia Pongratz hält viele Vorträge, auch für eine breitere Öffentlichkeit, um die Folgen der Klimaveränderungen und die Zusammenhänge zwischen CO2-Emissionen, Temperaturanstieg und Klima zu erklären.

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17% Amazonas-Regenwald bereits verschwunden

Häufig wird dann nach den Kippelementen gefragt. In der Klimaforschung wird mit diesem Begriff beschrieben, dass ein Teil des Klimasystems sehr schnell in einen anderen Zustand übergeht, weil ein bestimmter Schwellenwert überschritten wird.

Beim Amazonas-Regenwald könnte ein Kipppunkt bei einer Entwaldung von 20 bis 40 Prozent drohen, weil die ausgedehnten Feuchtwälder einen großen Teil des Regens selbst generieren: Aus dem Regenwald würde dann eine Savanne. Derzeit sind 17 Prozent des Waldes bereits verschwunden.

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„Wie drohend die Gefahr der Kippelemente ist, ist eine der weniger eindeutig zu beantwortenden Fragen der Klimaforschung“, sagt Julia Pongratz. Es gibt dazu schlicht keine Erfahrungswerte, da der menschengemachte Klimawandel eine bislang nie dagewesene Situation ist.

„Verstärkt weisen Forscher nun auch auf das Risiko hin, dass es Domino-Effekte geben könnte, etwa: Leiden die Regenwälder so stark, dass sie CO2 verlieren, statt zu speichern, könnte sich die Erde so stark erwärmen, dass der Permafrostboden auftaut.“ Und das würde noch mehr CO2 und Methan freisetzen.

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Aus Krisen lernen

Wenn Julia Pongratz bei Vorträgen den Sachstand zu Klimawandel und Klimafolgen skizziert hat, zeige sich das Publikum oft „etwas ratlos und überfordert von der Frage: Was können wir denn tun? Dann steige ich gern in die direkte Diskussion mit dem Publikum ein.“

Julia Pongratz weiß zwar inzwischen, dass eine „hochkomplexe Interessenslage“ es Gesellschaft und Politik so schwierig macht, dem Klimawandel zu begegnen. Andererseits verfolgen Klimaforscherinnen und -forscher sehr interessiert die politischen Antworten auf die Coronapandemie und wie unterschiedlich die beiden gesellschaftlichen Krisen behandelt werden.

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„Die Rettungspakete, die aufgesetzt wurden, um der Pandemie global entgegenzuwirken, sind um den Faktor zehn größer als das, was man bis 2024 jährlich bräuchte, um global das Energiesystem konform mit dem Paris-Abkommen zu gestalten“, sagt Julia Pongratz. Dazu komme, dass viele Covid-19-Aufbaupläne im Widerspruch zu nationalen Klimazielen stehen.

In einem Blogbeitrag regt sie an, aus der Coronakrise zu lernen: So sei bei der Corona-Pandemie nie infrage gestellt worden, „dass kurzfristig Investitionen nötig sind, um langfristig Schäden einzudämmen. Eine solche Kosten-Nutzen-Rechnung müsste auch für den Klimaschutz Geltung erlangen.“

Jeder Moment zählt

Welche Zahlen Klimaforscherinnen und -forscher der Politik und der Öffentlichkeit auch vorlegen – die Zeit spielt gegen sie.

„Es erscheint unausweichlich, dass wir das 1,5-Grad-Ziel überschreiten werden – und die letzten Jahre haben uns drastisch vor Augen geführt, wie gravierend die Folgen des Klimawandels bereits jetzt sind. Wir benötigen deutlich höhere Anstrengungen bei der Emissionsreduktion, um wenigstens das 2-Grad-Ziel noch einzuhalten“, sagt Julia Pongratz. In der Diskussion mit dem nur zunächst ratlosen Publikum kommen die verschiedensten Aspekte auf, von Mobilitäts- und Ernährungsgewohnheiten zu Recycling – manches mit großem Einfluss auf den persönlichen CO2-Fußabdruck, manches vielmehr eine Umweltschutz- als eine Klimaschutzmaßnahme.

Aber eine Kernaussage bleibt: „Es ist absolut klar, dass wir strukturelle Änderungen brauchen. Wir brauchen eine Politik, die die richtigen Rahmenbedingungen setzt. Dafür müssen wir Wähler sie legitimieren. Aber wir werden nicht schnell genug zum Ziel kommen, wenn nicht auch jeder Einzelne sein Verhalten anpasst."

„Es erscheint unausweichlich, dass wir das 1,5-Grad-Ziel überschreiten werden. Dennoch: Jedes Zehntel Grad zählt! Unsere Anstrengungen bei der Emissionsreduktion müssen massiv beschleunigt werden."

Prof. Dr. Julia Pongratz

Was uns droht

Quelle: Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC 2021

Es hängt von den Klimaschutzmaßnahmen ab, wie sehr sich die Welt erwärmt. Die Darstellung zeigt Simulationen, wie sich die mittlere Temperatur der Erde erwärmen wird, je nachdem wie die CO2-Emissionen sinken. Links ist ein optimistisches Szenario zu sehen, bei dem die Erderwärmung um etwas weniger als ein Grad zunimmt gegenüber dem Zeitraum 1995 bis 2014. Rechts ein pessimistisches Szenario mit einer Erderwärmung von über zehn Grad in den von der Erwärmung am stärksten betroffenen Regionen.

Wenn der CO2-Ausstoß weiter steigt

Die Erde hat sich infolge des Klimawandels seit Mitte des 19. Jahrhunderts um inzwischen 1,2 Grad erwärmt. Die Erderwärmung wird mit steigendem CO2-Ausstoß weitergehen. Sie betrifft alle Kontinente. Landflächen werden sich stärker erwärmen als die Ozeane; die Temperaturen in Arktis und Antarktis werden stärker steigen als in den tropischen Gebieten. Zunehmen werden auch Extremwetter-Ereignisse.

Das Ziel, die Erderwärmung zu begrenzen, ist nur möglich, wenn die Treibhausgasemissionen schnell und nachhaltig verringert werden.

Prof. Dr. Julia Pongratz

ist seit 2018 Inhaberin des Lehrstuhls für Physische Geographie und Landnutzungssysteme an der LMU. Sie studierte Geographie an der LMU und der University of Maryland, promovierte 2009 an der Universität Hamburg im Bereich Klimamodellierung und arbeitete als Postdoc an der Carnegie Institution, Department of Global Ecology, in Stanford zu Nahrungsmittelsicherheit und Geoengineering.

Bis 2020 leitete sie eine Emmy-Noether-Gruppe zu Forstwirtschaft im Erdsystem am Max-Planck-Institut für Meteorologie. Sie ist Mitglied des Lenkungsausschusses der Future Earth-Forschungsprojekte „Global Carbon Project“ und AIMES (Analysis, Integration and Modeling of the Earth System).

Zudem ist sie Lenkungsausschuss-Mitglied zweier Projekte des weltweiten „Coupled Model Intercomparison Project“: C4MIP (Coupled Climate Carbon Cycle Model Intercomparison Project) untersucht Rückkopplungen im Kohlenstoffkreislauf, LUMIP (Land-Use Model Intercomparison Project) untersucht, welche Effekte Änderungen der Landnutzung auf das Klima bis zum Jahr 2100 haben. Sie trägt als Autorin zu mehreren Sachstandsberichten des Weltklimarates (IPCC) bei. Sie ist Sprecherin des BMBF-geförderten Programms zu Kohlendioxid-Entnahme aus der Atmosphäre, CDRterra.

Diese Seite wurde zuletzt am 16.04.2024 aktualisiert.
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