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Zoonosen – Pandemien

VIREN:
UNSICHTBARE GEFAHR AUS DER WILDNIS

Affenpocken, Corona, Ebola: Viren, die vom Tier auf den Menschen überspringen, können Pandemien auslösen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der LMU erforschen die Tricks der Erreger und entwickeln passende Impfstoffe gegen Zoonosen.

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Als die Coronapandemie begannn

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Rückblende: Der erste Coronapatient in Deutschland

Am Vormittag des 27. Januar 2020 klingelt im Tropeninstitut des LMU Klinikums das Telefon. Der Anrufer berichtet von leichten Erkältungssymptomen. Im Winter ist eine verschnupfte Nase eigentlich nicht der Rede wert, keinesfalls rechtfertigt sie einen Anruf in einer auf Tropenkrankheiten spezialisierten Einrichtung. Doch einige Wochen zuvor ist eine neue Viruserkrankung im chinesischen Wuhan aufgetaucht, die wie eine herkömmliche Erkältung beginnt, aber in einer schweren Lungenentzündung mit Todesfolge enden kann. Ist der Anrufer womöglich der erste Fall in Deutschland? Die Mitarbeiter halten das für unwahrscheinlich, bestellen ihn aber dennoch ein. Kein Risiko eingehen, so das Motto.

Es liest sich wie aus einem Drehbuch, was am 27. Januar 2020 passierte. Weil die Szene so bedeutend für Einschätzung und Verlauf der Coronapandemie war, musste LMU-Forscherin Dr. Camilla Rothe, Leiterin der Ambulanz für Tropen- und Reisemedizin, sie bereits oft erzählen. Schon heute wissen Expertinnen und Experten, dass sich solche Szenen in Zukunft auf ähnliche Weise wiederholen werden. Denn in Fachkreisen gilt es nur als eine Frage der Zeit, bis ein weiteres Virus die nächste Pandemie auslöst.

„Man dachte zu jener Zeit, das Phänomen sei auf China beschränkt“, erinnert sich Rothe, die den Patienten damals untersuchte und befragte. „Der Mann war aber gar nicht selbst dort gewesen“, erzählt sie. Es hatte lediglich einen Kontakt zu einer chinesischen Arbeitskollegin ohne Krankheitssymptome gegeben. „Von SARS-CoV-1 aus dem Jahr 2002 wussten wir, dass Infizierte nur dann ansteckend sind, wenn sie auch Symptome haben“, sagt Rothe. Gleiches nahm man daher auch für das neue Coronavirus an. Entsprechend groß war die Überraschung, als das positive Testergebnis kam.

Da gingen bei mir sofort die Alarmglocken los​​

erzählt Rothe – nicht weil der erste deutsche Coronapatient gefunden war, sondern weil dieser sich bei einer symptomlosen Infizierten angesteckt hatte. „Eine Person, die sich nicht krank fühlt, lässt sich nicht isolieren“, erklärt Rothe. „Schlechte Voraussetzungen also, um eine Viruserkrankung einzudämmen.“

Dr. Camilla Rothe sitzt neben einem Mikroskop im Tropeninstitut des LMU Klinikums.

Dr. med. Camilla Rothe​

Camilla Rothe gilt als Entdeckerin des ersten Coronafalls Deutschlands. Sie ist Fachärztin für Innere Medizin, Tropenmedizin und Infektiologie und stellvertretende Abteilungsleiterin sowie Leiterin der Ambulanz für Tropen- und Reisemedizin am Tropeninstitut des LMU Klinikums.

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Gemeinsam mit ihrem Team kommunizierte sie rasch ihre Vermutung, dass eine asymptomatische COVID-19-Infektion möglich sei. Anfangs wurde sie dafür in der Fachwelt teils stark kritisiert, am Ende stellte sich ihre These aber als richtig heraus. Dass sie schnell an die Öffentlichkeit gegangen ist, hat wohl vielen Menschen das Leben gerettet. Wegen ihrer Forschungsleistung nahm das Time Magazine Rothe in die Liste der 100 einflussreichsten Personen 2020 auf. Im Oktober 2022 erhielt sie außerdem den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland.

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Warum SARS-CoV-2 kein Einzelfall ist

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Exotische Erreger bedrohen Menschen im globalen Norden​

Ihren Anfang nahm die Pandemie wahrscheinlich im Dezember 2019 auf einem Markt im chinesischen Wuhan. Dort infizierte sich ein Mensch erstmals bei einem Wildtier, vermuten Fachleute. Sie sprechen in diesem Fall von einer Zoonose, also einer Infektionskrankheit, die ursprünglich von Tieren stammt. Von Wuhan verbreitete sich das Virus dann innerhalb von Monaten auf der ganzen Welt, wie Untersuchungen nachzeichnen. Der Rest ist bekannt.

Das Beunruhigende dabei: In jüngster Zeit bedrohen immer häufiger exotische Erreger aus abgelegenen Gebieten des globalen Südens die Menschen der westlichen Welt.

Seit 1999 vergeht praktisch kein Jahr, in dem wir nicht ein neues, größeres Ausbruchsgeschehen feststellen​

sagt Gerd Sutter, Professor für Virologie an der Tierärztlichen Fakultät der LMU. Sutter ist Experte für neu auftretende Erreger von Zoonosen und beobachtet deren globale Verbreitung, auch in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation.

Prof. Gerd Sutter lehnt am Schreibtisch in seinem Büro am Institut für Infektionsmedizin und Zoonosen der LMU.

Prof. Dr. med. vet. Gerd Sutter​

Gerd Sutter ist Inhaber des Lehrstuhls für Virologie am Institut für Infektionsmedizin und Zoonosen der LMU. Er studierte Tiermedizin an der LMU, promovierte ebendort und ging als Postdoktorand an die National Institutes of Health (NIH), Bethesda, USA, bevor er sich an der LMU im Fach Virologie habilitierte. Gerd Sutter leitete eine Forschungsgruppe am Institut für Molekulare Virologie des Helmholtz Zentrums München und die Abteilung für Virologie am Paul-Ehrlich-Institut in Langen, ehe er 2009 den Ruf an die LMU annahm.

Hinweis der Redaktion: Professor Gerd Sutter ist im Oktober 2023 verstorben.

Gerd Sutter ist als Experte für Pockenviren und Impfstoffe bei verschiedenen internationalen Institutionen gefragt, darunter die Europäische Kommission, die NIH und die WHO. Als leitender Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung beschäftigt er sich insbesondere mit der Entwicklung von Impfstoffen gegen Infektionskrankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden. Für sein Wirken während der COVID-19-Pandemie wurde Gerd Sutter die Ehrendoktorwürde der Tierärztlichen Hochschule Hannover verliehen, gemeinsam mit Professor Christian Drosten und Professor Lothar Wieler.

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Erreger überschreiten Artengrenzen​​

„Dass Erreger vom Tier auf den Menschen übergehen, ist an sich nichts Ungewöhnliches“, sagt Gerd Sutter. „Zoonosen hat es schon immer gegeben. Und bereits in früheren Zeiten hatte man erkannt, dass bei zu engem Kontakt mit Tieren Unheil droht – ohne die Krankheitserreger zu kennen.“ Virologe Professor Oliver T. Keppler, Vorstand des Max von Pettenkofer-Instituts der LMU München, stimmt zu: ​

Erreger versuchen ständig, von einer Spezies auf die andere zu wechseln.​

Keppler erforscht das Zusammenspiel von Viren mit ihren Wirten, besonders bei HIV. „Meistens schlägt diese sogenannte zoonotische Übertragung aber fehl, weil es bei jeder Spezies besondere Hürden für die Vermehrung von Viren gibt.“ Bedeutet: Der Krankheitserreger ist schlichtweg nicht ausreichend an den neuen Wirt angepasst. Und selbst wenn eine Übertragung auf den Menschen klappt, stirbt die Infektion in der Regel aus, weil sich der Erreger nicht weiter überträgt. Zumeist also eine Sackgasse für das Virus.

Aber: „In seltenen Fällen schafft der Erreger es doch, sich an den neuen Wirt anzupassen und zu einer ernstzunehmenden humanen Infektionskrankheit zu werden“, erläutert Keppler. Das ist der Moment, in dem eine Epidemie oder gar Pandemie entstehen kann. Meist sind das Viruserkrankungen, die wie Coronaviren häufig auch über die Luft übertragen werden. Eine hohe Mutationsrate hilft Viren zudem, sich schnell an den neuen Wirt anzupassen. Auf diese Weise gelingt es ihnen mitunter auch, das antivirale Bollwerk der Immunität des Wirts auszutricksen. Fachleute sprechen von Immunflucht. „Die Fähigkeit zu raschen Mutationen kann es dem Virus außerdem ermöglichen, gegen Medikamente resistent zu werden“, ergänzt Keppler.

Prof. Oliver Keppler steht in seinem Büro am Gene Center Munich der LMU.

Prof. Dr. med. Oliver Keppler​

Oliver T. Keppler ist Inhaber des Lehrstuhls für Virologie und Vorstand des Max von Pettenkofer-Instituts sowie Principal Investigator am Genzentrum der LMU. Keppler studierte Humanmedizin, zunächst in Freiburg i. Br., dann an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, wo er auch promovierte. Nach klinischen Tätigkeiten in der Inneren Medizin in der Schweiz erfolgte die Approbation.

Danach absolvierte Keppler Forschungsaufenthalte am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und am Gladstone Institute of Virology and Immunology an der University of California San Francisco, USA. Von 2002 bis 2012 arbeitete Keppler am Department für Infektiologie des Universitätsklinikums Heidelberg, wo er sich 2005 habilitierte; 2009 Ernennung zum Außerplanmäßigen Professor an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg; 2009 Ernennung zum Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie. Keppler war dann von 2012 bis 2015 Direktor des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt am Main und Ordinarius an der Goethe-Universität Frankfurt, bevor er 2015 den Ruf an die LMU annahm. Er ist Leiter des Nationalen Referenzzentrums für Retroviren und Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung. In seiner Forschung beschäftigt sich Keppler mit Retroviren und SARS-CoV-2 zu Themen der Pathogenese, Testentwicklung und Therapiemöglichkeiten. Oliver Kepplers Einsatz bei der Bewältigung der Coronavirus-Pandemie wurde mit einem Bayerischen Verdienstorden gewürdigt.

Kurz erklärt

Was sind Zoonosen?​

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Der Mensch kommt der Natur zu nah ​

Vor allem Regionen in Asien, Afrika und Lateinamerika sind Ausgangspunkte der Infektionsgeschehen. „Dort kommt es immer häufiger zum Kontakt zwischen Menschen und Wildtieren – besonders in Gebieten, in denen die Bevölkerung stark wächst“, sagt Professor Michael Hoelscher, Leiter der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin des LMU Klinikums. Der Tropenmediziner forscht zu verschiedenen Infektions- und Tropenkrankheiten, entwickelt diagnostische Verfahren und arbeitet mit Forschenden in Partnerländern im globalen Süden zusammen. In solchen Regionen, siehe etwa Wuhan, verwerten die Menschen jegliche Proteinnahrung, weshalb nicht selten das Fleisch von exotischen Tieren auf dem Speiseplan steht. Zudem erschließt sich die wachsende Weltbevölkerung neue Siedlungsgebiete und landwirtschaftliche Nutzflächen, etwa durch das Abholzen von Urwäldern. „Dadurch werden natürliche Barrieren zu den Wildtieren entfernt“, sagt Hoelscher. Gleiches passiert, wenn Großkonzerne – häufig unter westlicher Beteiligung oder gar Führung – vor Ort Bodenschätze abbauen oder riesige Plantagen oder Rinderfarmen anlegen und dazu gigantische Waldflächen roden. Angetrieben wird dieses unheilbringende Verhalten durch das übermäßige Konsumverhalten des globalen Nordens.

Natürlich gibt es zoonotische Übertragungen auch in Europa

hält Hoelscher fest. Zum Beispiel zirkuliert hierzulande das Bornavirus in Spitzmäusen, das beim Menschen eine Gehirnentzündung auslösen kann. 2019 und 2022 starb an einer Infektion jeweils ein Kind in Bayern. Unsere Haus- und Nutztierkontakte sind aber in der Regel weniger problematisch: „Mit domestizierten Tieren leben wir schon zehntausende von Jahren zusammen, und da haben die Übertragungen schon früher stattgefunden.“ Das menschliche Immunsystem hat also bereits gelernt, mit diesen Erregern umzugehen. Gelangen Viren von exotischen Wildtieren jedoch hierher, können sie sich wiederum unter heimischen Nutztieren verbreiten. So zirkulierte etwa das Coronavirus innerhalb europäischer Nerzfarmen.

Neben den vermehrten Berührungspunkten zwischen Menschen und Wildtieren fördert die Erderwärmung das Auftreten von Zoonosen. Denn veränderte klimatische Bedingungen können dazu führen, dass sich sogenannte Vektoren, also Überträger von Infektionskrankheiten, neue Lebensräume erschließen. Dazu zählt etwa die Zecke, die das Krim-Kongo-Fieber weitergibt und sich in den letzten Jahren vermehrt hierzulande angesiedelt hat.

Für den Fachmann Sutter sticht aber ein Grund ganz besonders heraus: die Mobilität des Menschen. Hat ein Erreger es geschafft, auf den Menschen überzugehen, kann er sich wegen der weltweiten Vernetzung und des hohen Handels- sowie Reiseaufkommens teilweise in Windeseile über den gesamten Globus verteilen.

Prof. Dr. med. Michael Hoelscher​

Michael Hoelscher ist Leiter der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin des LMU Klinikums. Er studierte Medizin an der LMU und promovierte 1996 am Tropeninstitut der LMU, welches seine Arbeitsstätte bis heute ist. Seine Anstellung wurde unterbrochen durch mehrere Ausbildungs- oder Forschungsaufenthalte zum Infektions- und Tropenmediziner (z. B. am Walter Reed Army Institute of Research). Seine zweite Heimat wurde das Mbeya Referral Hospital in Tansania, wo er nicht nur einen Teil der infektiologischen Ausbildung absolvierte, sondern auch eine der größten afrikanischen Forschungsinstitutionen aufbaute, das Mbeya Medical Research Center.

Seit 2010 ist Michael Hoelscher DZIF-Professor für Global Health & Infectious Diseases am LMU Klinikum. Zudem ist er Wissenschaftler und Standortsprecher am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF, Koordinator Tuberkulose) und wissenschaftlicher Leiter des Konsortiums UNITE4TB, das sich dem Kampf gegen Tuberkulose verschrieben hat. Michael Hoelscher forscht zu verschiedenen Infektions- und Tropenkrankheiten, führt klinische Studien durch, entwickelt diagnostische Verfahren und arbeitet mit Forschenden in Partnerländern im globalen Süden zusammen, wo er sich auch für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung engagiert. Für seinen Beitrag zur Bewältigung der Coronapandemie wurde Michael Hoelscher der Bayerische Verdienstorden verliehen. Seit 2022 ist er auch Standortleiter des neu gegründeten Fraunhofer-Standortes in München/Penzberg für Immunologie, Infektions- und Pandemieforschung (IIP) des Fraunhofer-Institutes für Translationale Medizin und Pharmakologie (ITMP).

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Die Dynamik von Epidemien​

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Viren überziehen die Welt​​

Eher gemächlich oder rasend schnell, in kleinen Wellen oder wie ein Tsunami, im Menschen oder in Mücken – Viren können auf vollkommen unterschiedliche Art und Weise die Welt erobern.​

HIV ist wahrscheinlich immer mal wieder vom Affen auf den Menschen übergegangen, ohne sich dann weiter auszubreiten. Erst Anfang der 1980er-Jahre begann besonders in Teilen Afrikas eine bis heute andauernde Epidemie, die bislang weltweit weit mehr als 35 Millionen Opfer gefordert hat.

Manche Erreger machen sich mithilfe ihrer Vektoren auf dem Planeten breit: In den 1980er- und 1990er-Jahren reiste etwa die Aedes-Mücke, deren Stich das Dengue-Fieber weitergeben kann, auf Schiffen in gebrauchten Autoreifen um die Welt. In Letzteren sammeln sich bisweilen kleine Wasserreste, in denen die Mücken ihre Eier ablegen. Komfortabler reiste das West-Nil-Virus, das 1999 mit einer Stechmücke im Flugzeug nach New York gelangte. Schnell gab es die ersten infizierten Vögel im Stadtbereich, und innerhalb weniger Jahre verbreitete sich der Erreger über den gesamten amerikanischen Kontinent.

Seither folgten etwa Ausbrüche der Vogel- sowie Schweinegrippe in Europa. Der bislang schlimmste Ebolafieber-Ausbruch suchte 2014 bis 2015 Westafrika heim; mehr als 11 000 Menschen ließen dabei ihr Leben, das sind circa 40 Prozent aller Infizierten. Einzelne Fälle gab es auch in Europa. Erst im Herbst 2022 führte in Uganda ein weiterer Ausbruch zu Todesfällen.

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MERS-Coronavirus-Infektionen Saudi-Arabien

Vor allem in Saudi-Arabien kam es seit 2012 immer wieder zu MERS-Coronavirus-Infektionen beim Menschen. Noch ist die Verbreitung begrenzt und die Krankheit verläuft meist mild, bei Menschen mit Vorerkrankungen kann sie aber tödlich enden.

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SARS-2-Coronavirus

Das SARS-Coronavirus-2 wiederum breitete sich nach seinem ersten Erscheinen Ende 2019 innerhalb von wenigen Monaten über den gesamten Planeten aus. Die Todesfälle summieren sich inzwischen auf fast sieben Millionen, wobei manche Fachleute von einer noch deutlich höheren Zahl ausgehen.

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Lassa

Erst Anfang 2022 meldete Großbritannien drei Fälle des Lassafiebers, alle mit tödlichem Ausgang. Das Lassavirus ist in Westafrika endemisch; Schätzungen zufolge kommt es zu bis zu 300.000 Infektionen jährlich.

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Mpox (Affenpocken)

Seit Mai 2022 breiteten sich außerdem die Affenpocken verstärkt in verschiedenen Ländern außerhalb Afrikas aus, darunter auch Deutschland. Expertinnen und Experten verwunderte dabei das Ausmaß der Infektionszahlen, da die Krankheit viel weniger ansteckend ist als zum Beispiel COVID-19.

Nachgefragt​

Was macht Zoonosen anderswo auch für uns gefährlich, Frau Rothe?​

Erreger ohne Grenzen

Durch Viren ausgelöste Zoonosen verbreiten sich rasant um den Globus. ​

Die Abbildung zeigt Ausbrüche ausgewählter Zoonosen in den vergangenen Jahrzehnten. Die Zoonosen sind im jeweiligen Land ihres Ausbruchs mit Jahreszahl und tierischem Reservoir dargestellt. Das Datum bezieht sich auf den jeweils bislang ersten nachgewiesenen Fall des Virus beim Menschen.

Quellen: Weltgesundheitsorganisation, Robert Koch-Institut, Frontiers Media, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, European Centre for Disease Prevention and Control, National Library of Medicine, Science Magazine, Nature

Gefährliche Ausbrüche nehmen zu​

Die Taktung steigt: Exotische Viren, die vom Tier auf den Menschen überspringen, werden immer häufiger zur Gefahr für Menschen weltweit. Die Abbildung zeigt Ausbrüche von Zoonosen in jüngerer Zeit.

Quellen: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, European Centre for Disease Prevention and Control, National Library of Medicine, Robert Koch-Institut, Science Magazine, Weltgesundheitsorganisation

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Den Tricks der Erreger auf der Spur​

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Eine Impfung ist das beste Mittel zur Eindämmung einer Pandemie. Das hat nicht nur die Coronakrise gezeigt; jahrtausendelang wurde die Menschheit zum Beispiel von den Pocken geplagt. Erst eine Impfung, übrigens die erste überhaupt, konnte die Krankheit ausrotten. Gleichwohl ist es extrem schwierig, rasch ein einsatzfähiges und sicheres Vakzin zu entwerfen, wenn ein neuer Erreger auftaucht. Bei Corona gelang die Entwicklung so schnell wie noch nie. Das lag zum einen an der neuen gentechnischen mRNA-Technologie. Diese wurde bereits etliche Jahre vor Corona intensiv erforscht. Doch zum anderen auch am Virus selbst: Nur ein Merkmal, das Spike-Protein, reicht aus, um eine Immunität im Körper zu erzeugen. Häufig ist die Situation aber eine andere:​

Bei vielen Viren sind die Biologie, der Aufbau und Lebenszyklus komplex​

erläutert Sutter. Bei ihnen kann ein einzelnes Virus-Protein als Impfstoff nicht viel ausrichten. Stattdessen braucht man Impfstoffe, die dem Körper eine Kombination aus verschiedenen Erregermerkmalen präsentieren.

Sutter und Kollegen nutzen dazu eine Vektorimpfstoffplattform, die auf dem Modifizierten Vacciniavirus Ankara (MVA) basiert (einem abgeschwächten Impfpockenvirus), das an der LMU bereits vor 30 Jahren entwickelt wurde. Dem MVA lassen sich mit gentechnischen Methoden bis zu zehn verschiedene Antigene gleichzeitig hinzufügen. So wollen die Forscher künftig Impfstoffe gegen unterschiedliche Modellerreger entwickeln, die sich im Ernstfall schnell anpassen lassen.

Und womöglich wären damit auch ganz neue Präventionsstrategien möglich: Sutters Team hat zum Beispiel einen Impfstoff gegen das MERS-Coronavirus entwickelt und damit die tierischen Überträger des Erregers auf der arabischen Halbinsel immunisiert, Dromedare. „Der Impfstoff konnte die Viruslast in den Tieren signifikant reduzieren“, erzählt Sutter, „und somit das Infektionsrisiko für den Menschen senken.“

Nachgefragt

Worauf kommt es angesichts möglicher neuer Epidemien an, Herr Sutter?​

Oliver Keppler wiederum versucht, die Tricks von Erregern und ihre unheilvollen Aktionen im Körper besser zu verstehen. Das ist die Voraussetzung, um Medikamente und geeignete Therapien zu entwickeln. Allerdings sind Viren nicht gerade leicht zu durchschauen: „Man kann zumeist nicht einfach sagen: Wenn dieses Gen da ist, dann ist das Virus gefährlich und wenn nicht, dann nicht“, schildert Keppler die Problematik. Daher gehe es bei Viren häufig darum, Grundprinzipien zu verstehen: „Welche krank machenden Mechanismen oder Vermehrungsvorteile gibt es, die wir bekämpfen können?“ Diese Frage stellt sich Keppler mit seinem Team insbesondere bei HIV: „Dieses Virus hat es in der Evolution beispielsweise geschafft, Proteine auszubilden, die unsere angeborene Immunität schwächen können“, erklärt Keppler. Der LMU-Forscher will daher unter anderem herausfinden, wie sich dieser besondere Teil der Körperabwehr beim Kampf gegen HIV unterstützen lässt. Die Erkenntnisse über immunologische Grundprinzipien der Virus-Wirt-Interaktion lassen sich letztlich auch auf andere Infektionskrankheiten übertragen – und helfen so dabei, gegen neue Erreger besser vorbereitet zu sein. ​

Nachgefragt

Was lässt sich aus der Coronapandemie lernen, Herr Keppler?​

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Gefährliche Erreger im Blick

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Steckbriefe von fünf Viren, die ihren Ursprung im Tierreich haben

Expertinnen und Experten sind sich sicher: Die nächste Pandemie kommt. Um im Ernstfall mit Vorsprung ins Infektions-Wettrennen zu starten, haben sie potenziell gefährliche Kandidaten im Blick.

SARS-CoV-2

Illustration einer Petrischale, in der das Sars-CoV2-Viurs vergrößert dargestellt ist.

Noch immer ist nicht abschließend geklärt, woher das Virus ursprünglich kam. Vieles deutet darauf hin, dass es aus einem Fledermausreservoir in China stammt. Womöglich ging der Erreger aber zunächst auf ein anderes Tier über, das dann den ersten Menschen infizierte.

Die Übertragung findet hauptsächlich über Viruspartikel in der Luft statt, die Infizierte beim Atmen, Husten, Niesen und Sprechen absondern. Daher ist die Ansteckungswahrscheinlichkeit in  geschlossenen, engen Räumen hoch; Maskentragen und Lüften beugen einer Infektion dagegen vor. Anders als etwa SarsCoV-1 und Mers-CoV, ebenfalls Viren aus der Coronafamilie, sind auch Menschen ansteckend, die noch keine Symptome haben.

SARS-CoV-2 verursacht vor allem eine Infektion der Atemwege mit Husten, Fieber, Schnupfen sowie Geruchs- und Geschmacksverlust. Der Krankheitsverlauf variiert allerdings stark: Es können sowohl symptomlose Infektionen als auch Lungenversagen mit tödlichem Ende auftreten. Zu den Spätfolgen zählen unter anderem Kurzatmigkeit und Gedächtnis- oder Konzentrationsstörungen.

Da das Virus sehr ansteckend ist, konnte sich die Erkrankung von den ersten infizierten Personen in Wuhan, China, im Dezember 2019 innerhalb von Monaten zu einer weltweiten Pandemie ausbreiten. Die Eindämmung war schwierig bis unmöglich, weil auch symptomlose Erkrankte ansteckend sind. Inzwischen hat sich das Infektionsgeschehen abgeschwächt, Fachleute rechnen aber weiterhin besonders mit lokal beschränkten Ausbrüchen.

Da gegen das Virus keine Grundimmunität in der Bevölkerung bestand, erkrankten schnell viele Menschen – besonders alte und immunschwache teils schwer. Durch etliche Mutationen des Virus wurde die Erkrankung milder. Zudem haben viele Menschen inzwischen eine gewisse Immunität durch eine Infektion und/oder Impfung aufgebaut. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass in Zukunft wieder gefährlichere Varianten entstehen.

Seit dem 26.12.2020 wird in Deutschland gegen das neue Coronavirus geimpft. Mittlerweile stehen vier Impfstoffe zur Verfügung, die in nie dagewesener Geschwindigkeit entwickelt wurden. Zwei davon, diejenigen von BioNTech/Pfizer und Moderna, beruhen auf der neuen mRNA-Technik – eine gentechnische Methode, mit der sich die Vakzine vergleichsweise rasch an neue Varianten anpassen lassen. Hilfreich ist hierbei, dass ein wesentliches Merkmal des Virus – das Spike-Protein – ausreicht, um das Immunsystem zu trainieren. Weitere Impfstoffkandidaten befinden sich entweder im Zulassungs- oder Entwicklungsprozess.

Mpox / Affenpocken:

Illustration einer Petrischale, in der das MPox-Viurs vergrößert dargestellt ist.

Mpox/Affenpockenviren sind in West- und Zentralafrika bei Nagetieren verbreitet. Die von den Viren verursachte Erkrankung wurde erstmals 1958 bei Affen im Labor beobachtet, die pockenähnliche Symptome hatten – daher der ursprüngliche Name Affenpocken. Im November 2022 benannte die WHO die Krankheit um in Mpox. Beim Menschen wurden die Viren zum ersten Mal im Jahr 1970 bei einem Baby in der Demokratischen Republik Kongo festgestellt.

Eine Infektion erfolgt durch direkten Kontakt von Haut oder Schleimhaut mit Körperflüssigkeiten. Die Eintrittspforten sind dabei in der Regel kleine Verletzungen. Besonders die typischen Hautveränderungen der Infizierten, die sogenannten Pocken-Läsionen, enthalten eine große Menge an Viren. Solche Läsionen entstehen auch auf den Schleimhäuten und sind von außen oftmals nicht sichtbar.

Charakteristisch für die Erkrankung sind teils sehr schmerzhafte Hautveränderungen, die sich von einem Fleck zu Pusteln entwickeln und letztlich verkrusten und abfallen. Häufig haben die Betroffenen auch allgemeine Krankheitssymptome wie Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen. Im Vergleich zu den Menschenpocken verläuft eine Erkrankung aber deutlich milder.

Seit dem ersten Fall im Jahr 1970 wurden Infektionen insbesondere in west- und zentralafrikanischen Ländern beobachtet. Im Frühjahr 2003 tauchten die Mpox/Affenpocken beim Menschen erstmals außerhalb des afrikanischen Kontinents in den USA auf. Wahrscheinlich war das Virus mit Nagetieren aus Ghana eingereist. Seitdem gab es nur vereinzelte Fälle. Im Frühjahr 2022 startete eine weltweite Infektionswelle, unter anderem auch mit Fällen in Deutschland.

Es gibt Medikamente gegen Mpox/Affenpocken und selbst unbehandelt verläuft die Erkrankung selten tödlich. Zudem lassen sich die Infektionsketten in der Regel relativ gut unterbrechen, weil Infizierte offensichtliche Symptome zeigen und das Virus nur über engen Körperkontakt weitergegeben wird.

In der Europäischen Union ist seit 2013 ein Pocken-Impfstoff zugelassen, der unter dem Namen Imvanex vertrieben wird und auch vor Affenpocken schützt. Dieser basiert auf dem nicht vermehrungsfähigen Vacciniavirus MVA, das auch an der LMU zur Erforschung von breit einsetzbaren Impfstoffplattformen dient. Da es sich bei Mpox um ein DNA-Virus handelt, mutiert es viel weniger als etwa RNA-Viren aus der Corona- oder Influenzafamilie, weshalb der Impfstoff auch langfristig wirksam bleibt.

Ebola

Illustration eines Computers, auf dem ein Ebolavirus vergrößert dargestellt wird.

Als Virusreservoir nehmen Fachleute Flughunde und Fledermäuse an. So spricht vieles dafür, dass der große Ausbruch 2014/2015 in Westafrika von der Fledermaus-Art Mops condylurus ausging. Der Übergang vom Tier auf den Menschen passiert dabei durch den Kontakt mit infektiösen Tierprodukten – etwa bei der Jagd und dem anschließenden Verzehr der Beute.

Eine Infektion erfolgt über Blut, Speichel, Schweiß, Urin, Stuhl oder Erbrochenes von Ebola-Patientinnen und -Patienten. Daher steckt man sich in der Regel nur durch einen direkten Kontakt mit den Flüssigkeiten an. Für eine gewisse Zeit überleben die Viren jedoch auch auf Gegenständen, die mit infektiösen Flüssigkeiten in Kontakt gekommen sind – etwa Operationsbesteck, Kleidung oder Bettwäsche.

Anfangs ähneln die Symptome einem grippalen Infekt: Fieber, Gliederschmerzen und Müdigkeit. Nach einigen Tagen können Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Blutungen hinzukommen. Im Krankheitsverlauf treten mitunter weitere vielfältige Beschwerden auf. In Einzelfällen leiden Genesene am Post-Ebola-Syndrom mit Muskel- und Gelenkschmerzen sowie weiteren Symptomen.

Nach der Entdeckung des ersten Ebola-Falls im Jahr 1976 ist es immer wieder zu lokalen Ausbrüchen in Zentralafrika gekommen. Die große Infektionswelle in den Jahren 2014 und 2015 betraf insbesondere die westafrikanischen Länder Guinea, Sierra Leone und Liberia. Vereinzelt gab es währenddessen aber auch Fälle in den USA und Europa.

Die Erkrankung verläuft oftmals tödlich, weshalb das Virus eines der gefährlichsten weltweit ist. Auch in Zukunft muss mit Ausbrüchen gerechnet werden – vor allem, da der Mensch immer weiter in Wildtiergebiete vordringt. Immerhin lassen sich Infektionsketten einigermaßen gut durchbrechen, weil in der Regel nur Infizierte mit Symptomen ansteckend sind.

Der Lebendimpfstoff ERVEBO ist unter anderem in der Europäischen Union, den USA und einigen Ländern Afrikas seit 2019 zugelassen. Er wird einmalig in den Muskel gespritzt. In Impfstoffstudien wurde das Vakzin bereits gegen Ende des Ausbruchs 2014/2015 bei Kontaktpersonen diagnostizierter Fälle getestet. Die vorläufige, geschätzte Impfwirksamkeit beträgt einige Tage nach der Impfung annähernd 100 Prozent. Die Dauer der Schutzwirkung ist allerdings unbekannt. Ein Ebola-Ausbruch im September 2022 im Sudan wurde von einem Virus-Subtyp verursacht, gegen den es noch keinen Impfstoff gibt.

HIV

Abstrakte Illustration von HIV-Viren

Das Virus stammt ursprünglich von Schimpansen und Gorillas. Die älteste menschliche Blutprobe, in der HIV nachgewiesen wurde, ist aus dem Jahr 1959 aus dem Kongo. Allerdings gehen Fachleute davon aus, dass die Krankheit bereits lange davor in Afrika präsent war und es auch etliche Male Übertragungen vom Tier auf den Menschen gegeben hat.

Das Virus wird durch die Körperflüssigkeiten Blut, Sperma, Vaginalsekret und Muttermilch übertragen. Mögliche Eintrittspforten sind frische, noch blutende Wunden und die Schleimhäute. Der häufigste Infektionsweg ist ungeschützter Sex. Auch kontaminierte Spritzen, die mitunter zum Drogenkonsum verwendet werden, sind gängige Ansteckungsmöglichkeiten.

HIV steht für „Human Immunodeficiency Virus“, weil der Erreger bestimmte Immunzellen schädigt. Infizierte werden dadurch anfällig für Erkrankungen, die bei gesunden Menschen unproblematisch verlaufen. Entsprechend sind die Symptome von Aidskranken eher unspezifisch, darunter Müdigkeit, Gelenkschmerzen oder Appetitlosigkeit. Betroffene, die nicht behandelt werden, sterben im Schnitt nach zehn bis zwölf Jahren – meist aber nicht an Aids selbst, sondern an Begleiterkrankungen.

Forschende haben rekonstruiert, dass HIV spätestens Ende der 1960er-Jahre vereinzelt außerhalb Afrikas auftrat. Doch zu einer großen Infektionswelle kam es erst in den 1980er-Jahren – zunächst vor allem in den USA. Von dort reiste das Virus um die ganze Welt. Im Jahr 1982 wurden die ersten Fälle in Deutschland bekannt. Heute gibt es knapp 40 Millionen Infizierte weltweit – mehr als zwei Drittel davon leben in Afrika.

Bei rechtzeitiger Therapie bricht die Krankheit üblicherweise nicht aus. Auch sind Behandelte praktisch nicht ansteckend. Gefährlich ist das Virus daher besonders dort, wo die Gesundheitsversorgung schlecht ist – also vor allem in ärmeren Regionen Afrikas südlich der Sahara. Dort ist der Kampf gegen Aids noch längst nicht gewonnen. Insgesamt starben seit Beginn der Pandemie schätzungsweise 37 Millionen Menschen an HIV.

Seit den 1980er-Jahren suchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach einem Impfstoff – bislang erfolglos. Ein Grund dafür ist, dass das Virus aus der Familie der Retroviren unglaublich schnell mutiert: Im Körper eines HIV-positiven Menschen entstehen jeden Tag mehr unterschiedliche Virusvarianten als Grippevirusvarianten weltweit pro Jahr. Die Andockstellen für Antikörper, deren Produktion durch Impfstoffe angeregt wird, verändern sich also ständig. Schon nach wenigen Virusgenerationen sind die Antikörper wirkungslos.

Krim-Kongo

Illustration einer Zecke, die unter einem Mikroskop liegt und einem Bildschirm, auf dem das Krim-Kongo Virus vergrößert dargestellt ist.

Das Virus zirkuliert in Haus- und Wildtieren wie Kühen, Schafen, Hasen oder Vögeln, bei denen die Infektionen in der Regel asymptomatisch verlaufen. In menschlichem Blut wurde das Virus erstmals 1956 im Kongo, Afrika, nachgewiesen.

Das Virus wird üblicherweise durch einen sogenannten Vektor weitergegeben, in diesem Fall eine Zecke. Diese holt sich das Virus bei den Tieren und gibt es durch einen Biss an den Menschen weiter. Auch durch den Kontakt mit infektiösem Blut oder Körperflüssigkeiten infizierter Tiere kann eine Übertragung stattfinden. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist eher selten, aber Schmierinfektionen oder Tröpfcheninfektion sind nicht ausgeschlossen.

Die Infektion beginnt mit unspezifischen Symptomen wie Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen. Im weiteren Verlauf treten häufig Magen-Darm-Probleme mit Erbrechen und Muskelschmerzen auf. In der sogenannten hämorrhagischen Phase, die nach circa vier Tagen beginnt, kommt es dann zu Blutungen in verschiedenen Organen. Das führt häufig zum Tod durch Multiorganversagen.

Verbreitet ist der Erreger vor allem in wärmeren Regionen – darunter der gesamte Mittelmeerraum, Teile Osteuropas sowie Regionen in Afrika und Zentralasien. Dort ist auch die Zecke heimisch, die maßgeblich zur Weitergabe des Virus zwischen den Wirten verantwortlich ist. In Deutschland wurden importierte Infektionen bisher nur äußerst selten erfasst.

Die Sterblichkeitsrate liegt bei 10 bis 40 Prozent. Gefährdet sind vor allem Personen in Gebieten, in denen das Virus endemisch ist und die dort vermehrt mit Zecken und anderen Wirtstieren in Kontakt kommen. Allerdings erschließt die Zecke im Zuge des Klimawandels neue Lebensräume, weshalb auch hierzulande künftig vermehrt Fälle auftreten könnten.

Bislang gibt es weder eine Impfung noch eine wirksame Behandlung. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler suchen aber zumindest nach Therapiemöglichkeiten.

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Lassen sich Pandemien vermeiden?

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Was sich aus bisherigen Epidemien lernen lässt

Epidemien und Pandemien lassen sich auch in Zukunft nicht verhindern – da sind sich die befragte LMU-Expertin und -Experten einig. Aber: Die Menschheit kann sich auf solche Ereignisse vorbereiten, sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene.

Hier braucht es einen sinnvollen „Mix aus Prävention, Diagnostik und Therapie“, sagt Oliver Keppler. Auf nationaler Ebene ist dazu eine Infrastruktur nötig, die eine schnelle Antwort auf das Auftauchen einer Infektionskrankheit erlaubt. Neben dem Bereithalten von modernen Test- und Analysemöglichkeiten braucht es hierfür ein robustes Gesundheitssystem. Zudem muss die Versorgung mit Schutzmaterial und Arzneistoffen gewährleistet sein, im Idealfall durch nationale Produktions- und Lieferketten. „Ich hoffe, dass uns diesbezüglich die Coronapandemie eine Lehre war“, sagt Sutter.

Um auch die Bevölkerung bei den Maßnahmen zur Eindämmung mitzunehmen, sind ehrliche, verständliche Kommunikationsstrategien wichtig. Nur dann halten sich die Menschen auch an Hygiene- und weitere Präventionsmaßnahmen, wie Testung oder Isolation im Verdachtsfall. Darüber hinaus sind Werkzeuge und Einrichtungen vonnöten, die das Infektionsgeschehen mit neuen, aber auch bekannten Erregern überwachen – sowohl im Land als auch außerhalb:

Wir informieren uns täglich in verschiedenen Netzwerken über neue Krankheiten, die irgendwo entstehen, oder bekannte Krankheiten, die plötzlich in ungewöhnlich hoher Menge auftauchen

sagt Camilla Rothe vom Tropeninstitut. Die Überwachung klappt aber nur dann, wenn die Weltgemeinschaft zusammenarbeitet.

Aus diesem Grund wirbt Tropenmediziner Michael Hoelscher dafür, internationale Kooperationen zu stärken und Vertrauen zu schaffen, damit Erkenntnisse künftig schnell und transparent kommuniziert werden. „Im Ernstfall kommt es auf Tage an“, warnt er. Besonders diejenigen Länder, aus denen die Erreger häufig kommen, haben aber in der Regel nicht die nötigen Ressourcen und Infrastrukturen, um Epidemien einzudämmen.

„Wenn wir Pandemien verhindern wollen, müssen wir auch diese Länder unterstützen“, empfiehlt Hoelscher. Das gelingt etwa durch Stärkung des Gesundheitssystems vor Ort. Darüber hinaus entwickeln LMU-Forscherinnen und -Forscher zum Beispiel Diagnosetechniken, die auch in ärmeren Ländern realisierbar sind.

Damit notwendige Sofortmaßnahmen auch umgesetzt werden, braucht es jedoch erst ein Gefahrenbewusstsein. „Üblicherweise haben die Menschen dort andere Probleme, als sich über Epidemien Gedanken zu machen“, sagt Hoelscher. Hier hilft vor allem Bildung – gefördert unter anderem durch die LMU: Mittels spezieller Master- und Doktorandenprogramme soll in afrikanischen Ländern die nächste Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern heranwachsen. „Wir möchten Kooperationspartner haben, die in ihrem Land eigene Forschungsprojekte durchführen können“, erklärt Hoelscher. Wissenschaftliche Expertise vor Ort erleichtert außerdem die künftige Zusammenarbeit.

Nachgefragt

Warum werden Zoonosen nicht dort bekämpft, wo sie entstehen, Herr Hoelscher?

Ein Mix aus lokalen und globalen Maßnahmen hilft, gegen drohende Epidemien und Pandemien gewappnet zu sein. Die Ursache des Ganzen bekämpfen sie jedoch nicht. Es ist der konsumintensive Lebensstil der reichen Industrienationen auf Kosten der Natur, der unserem Planeten schwer zusetzt und auch die Entstehung von Zoonosen befeuert. Täglich zeigt sich inzwischen, dass dies langfristig nicht gut gehen kann: Überflutungen, Dürren, Wirbelstürme, Artensterben – und Pandemien. Das alles sind Symptome eines kranken Planeten. Die übergeordnete Frage, wenn es um den Umgang mit gefährlichen Erregern und das Vermeiden von Pandemien geht, lautet daher: Wie wird die Erde wieder gesund? Die Suche nach Antworten beginnt beim Lebensstil jedes Einzelnen.

Diese Seite wurde zuletzt am 16.04.2024 aktualisiert.

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